Bürgerbegehren/Bürgerentscheid
Wer kann entscheiden?
Die Bürger können mit einem Bürgerbegehren beantragen, dass sie über eine Angelegenheit der Kommune selbst entscheiden.
Was wird entschieden?
In einem 2-stufigen Verfahren beantragt die Bürgerschaft zuerst einen Bürgerentscheid (Bürgerbegehren) über eine wichtige kommunale Angelegenheit und um anschließend darüber zu entscheiden. Auf diese Art und Weise haben die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit direkt in die Kommunalpolitik einzugreifen.
Welche Angelegenheiten werden dabei entschieden?
Angelegenheiten eines Bürgerbegehrens können Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises (§5 KVG LSA) der Kommune sein, die in der Entscheidungszuständigkeit der Vertretung liegen. Zum eigenen Wirkungskreis nach §5 KVG LSA gehören:
- bei den Gemeinden alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft.
- bei den Landkreisen die von ihnen im Rahmen ihres Aufgabenbereichs freiwillig übernommenen Aufgaben,
- bei den Gemeinden und Landkreisen die Aufgaben, die Ihnen aufgrund von Artikel 87 Abs.3 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt durch Gesetz als
- Pflichtaufgaben zur Erfüllung in eigener Verantwortung zugewiesen sind,
- bei den Verbandsgemeinden die Aufgaben, die sich nach §90 Abs. 1 und 3 Satz 1 anstelle ihrer Mitgliedsgemeinden erfüllen
Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über:
- die innere Organisation der Verwaltung der Kommune,
- die Rechtsverhältnisse der ehrenamtlichen Mitglieder der Vertretung, des Hauptverwaltungsbeamten, des Bürgermeisters der Mitgliedsgemeinde einer Verbandsgemeinde und der Beschäftigten der Kommune,
- die Haushaltssatzung, einschließlich der Haushaltspläne oder der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe, die kommunalen Abgaben und die Tarife der Versorgungs- und Verkehrsbetriebe der Kommune
- die Feststellung des Jahresabschlusses der Kommune und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe und des Gesamtabschlusses,
- Entscheidungen über Rechtsbehelfe- und Rechtsstreitigkeiten,
- Die Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen und sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch,
- Angelegenheiten, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens, eines förmlichen Verwaltungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder eines abfallrechtlichen, immissionsschutzrechtlichen, wasserrechtlichen oder vergleichbaren Zulassungsverfahrens zu entscheiden sind, sowie
- Angelegenheiten, die ein gesetzeswidriges Ziel verfolgen.
Welche Formvorschriften müssen eingehalten werden?
1. Stufe: Das Bürgerbegehren
- muss schriftlich eingereicht werden; die elektronische Form ist ausgeschlossen
- muss bis zu 3 Personen benennen, die berechtigt sind, das Bürgerbegehren und die Unterzeichnenden zu vertreten,
- darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten 2 Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist,
- muss die begehrte Sachentscheidung in Form einer mit Ja oder nein zu beantwortenden Frage und eine Begründung mit Kostenschätzung enthalten,
- muss ein bestimmtes Begehren mit Begründung enthalten,
- muss, wenn er sich gegen einen Beschluss der Vertretung richtet, innerhalb von zwei Monaten nach ortsüblicher Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht werden,
- muss mindestens von 10 von 100 der stimmberechtigten Bürger unterzeichnet sein, höchstens jedoch in Kommunen
1. mit bis zu 20.000 Einwohnern von 1.000 stimmberechtigten Bürgern,
2. mit mehr als 20.000 bis zu 40.000 Einwohnern von 2.000 stimmberechtigten Bürgern,
3. mit mehr als 40.000 bis zu 100.000 Einwohnern von 3.000 stimmberechtigten Bürgern,
4. mit mehr als 100.000 bis zu 200.000 Einwohnern von 5.000 stimmberechtigten Bürgern,
5. mit mehr als 200.000 Einwohnern von 7.500 stimmberechtigten Bürgern.
2. Stufe: Der Bürgerentscheid
setzt ein erfolgreiches Bürgerbegehren oder einen Beschluss zur Durchführunf von mehr als 2/3 der Mitglieder der Vertretung voraus,
hat die Wirkung eines Beschlusses der Vertretung, wenn die enthaltene Fragestellung von der Mehrheit der gültigen Stimmen mit JA beantwortet worden ist und diese Mehrheit mindestens 20 von 100 der stimmberechtigten Bürger beträgt,
bzw. die Angelegenheit wird von der Vertretung entschieden, wenn erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden ist, (Das Nähere regelt das Kommunalwahlgesetz für das Land Sachsen-Anhalt)
vor Ablauf von zwei Jahren kann er nur durch einen neuen Bürgerbescheid abgeändert werden, es sei denn, dass sich die dem Bürgerentscheid zugrunde liegende Sach- und Rechtslage wesentlich geändert hat.
Die Vertretung
1. stellt die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens fest,
- bei Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ist der Bürgerentscheid innerhalb von 3 Monaten durchzuführen
- die Entscheidung ist ortsüblich bekannt zu geben
- darf bis zur Durchführung des Bürgerentscheids eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung nicht mehr getroffen und dem Begehren entgegenstehende Vollzugshandlungen nicht vorgenommen werden, es sei denn, dass zu diesem Zeitpunkt rechtliche Verpflichtungen der Kommune hierzu bestanden haben
2. kann die Durchführung der mit dem Begehren verlangten Maßnahme beschließen (Bürgerentscheid entfällt).
- entfällt auch, wenn die Vertretung das Begehren in einer veränderten Form, die jedoch dem Grundanliegen des Bürgerbegehrens entspricht, annimmt und die Vertretung auf Antrag der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens die Erledigung des Bürgerbegehrens feststellt.
Rechtsbehelf
Gegen die Zurückweisung eines Bürgerbegehrens kann jeder Unterzeichner den Verwaltungsrechtsweg bestreiten.
Über den Widerspruch im Vorverfahren entscheidet die Kommunalaufsichtsbehörde kostenfrei.
Das Nähere regelt das Kommunalwahlgesetz.